Biologische Bewertung nach Wasserrahmenrichtlinie

Die EG-Richtlinie gibt den Rahmen für die Gewässerüberwachung vor (Heiskanen et al., 2004): Bestimmte aquatische Tier- und Pflanzengruppen ("Biologische Qualitätskomponenten") sind zu überwachen, um unterschiedliche Belastungen des Gewässers, z.B. Verbau, Verschmutzung oder Versauerung zu erfassen.

Die Einstufung des ökologischen Gewässerzustands stützt sich auf die Ergebnisse biologischer Bewertungsmethoden, die mittels ausgewählter Kenngrößen eine biologische Qualitätskomponente (Biokomponente) zusammenfassend bewerten (z.B. Artenzusammensetzung, Artendiversität, empfindliche Arten des Makrozoobenthos, siehe Tabelle 1). Bezugspunkt der Bewertung ist der vom Menschen unbeeinträchtigte Gewässerzustand (Referenzzustand; zur Rolle eines einheitlich definierten Referenzzustandes siehe unten), der je nach Gewässertyp unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Ergebnisse der nationalen Bewertungsmethoden werden als relative Abweichungen vom Referenzzustand dargestellt im sogenannten "Ecological Quality Ratio". Je nach Grad der Abweichung erfolgt die Beurteilung des ökologischen Zustands in den Klassen sehr gut, gut, mäßig, unbefriedigend oder schlecht.


Abbildung 1: Schema zur Berechnung der "Ecological Quality Ratio (EQR)" und Einteilung der relativen EQR-Skala (1 - 0) in fünf Qualitätsklassen

 

Die nationalen Methoden der einzelnen Mitgliedstaaten zur biologischen Gewässerüberwachung sind unterschiedlich ausgestaltet. Ursache dafür sind die jeweiligen naturräumlichen Gegebenheiten eines Mitgliedsstaats, die verschiedenen Formen der Gewässerbelastung eines Landes, sowie uneinheitliche Techniken von Datengewinnung und -analyse. Während für letztere mittelfristig eine Harmonisierung über das Europäische Komitee für Normung (CEN) angestrebt wird (Cardoso et al., 2005), ist die generelle Normung von Bewertungsmethoden nicht vorgesehen. Daher bedarf es der Interkalibrierung.

Tabelle 1: Kenngrößen der Biokomponenten nach Anhang V WRRL
FI - Fische, GA & AN - Großalgen und Angiospermen, MA & PB - Makrophyten und Phytobenthos, MZB - Makrozoobenthos, PP - Phytoplankton; 1 - nur Seen

Gewässerkategorie Fließgewässer und Seen Übergangsgewässer Küstengewässer
PP MA & PB MZB FI PP GA & AN MZB FI PP GA & AN MZB
x x x x x x   x x    
x x x x x x x x x x x
    x x     x x   x x
    x       x       x
      x              
x       x       x    
x       x       x    
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x (1)       x       x    
    x                
            x       x

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Zur Rolle eines einheitlich definierten Referenzzustandes

Der ungestörte Gewässerzustand (potentiell natürlicher Zustand) bildet den Bezugspunkt ("Referenz") für die Gewässerbewertung. Die Klassengrenzen des guten ökologischen Zustandes werden als relative Abweichung von dieser Referenz angegeben.

Die Definition des natürlichen Zustandes erfolgt für jeden Gewässertyp und umfasst die Beschreibung von Physiko-Chemie, Hydromorphologie und Biologie. Zur Herleitung werden Gewässerabschnitte herangezogen, die keine signifikante Belastung durch den Menschen aufweisen. Alternativ finden Modelle Anwendung, die den natürlichen Gewässerzustand (re-)konstruieren. Die Definition der Referenz ist Bestandteil der nationalen Bewertungsmethode.

Für die Interkalibrierung ist sicherzustellen, dass die Referenz länderübergreifend einheitlich definiert ist. Klassengrenzen, denen unterschiedliche Auffassungen des natürlichen Zustandes zugrunde liegen, können nicht miteinander verglichen werden (Abbildung 2). Innerhalb der Geographischen Interkalibrierungs-Gruppen werden gemeinsame Kriterien zur Auswahl von natürlichen Gewässerabschnitten genutzt oder Referenzzustände über Modelle hergeleitet.


Abbildung 2: Uneinheitliche Referenzen. Während Land B seine Referenz als Gewässerzustand ohne menschlichen Einfluss beschreibt, erlaubt Land A ein geringes Maß an anthropogener Störung. Die Differenz (Delta) bleibt durch die Verwendung der relativen EQR-Skala verborgen, muss daher durch die Interkalibrierung harmonisiert werden.

 

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